Wie gut, dass ich das habe – Teil 1

Wie gut, dass ich das habe – Teil 1

Es gibt einen Gegenstand in meinem Haushalt, der mir jeden einzelnen Tag richtig Freude macht.

Ich sehe ihn mehrmals am Tag an. Und dann freue ich mich. Weil in der Nähe des Gegenstandes immer was los ist. Viel Gewusel und die Anwesenden unterhalten sich laut. Jeder hat dort etwas zu sagen. Die meisten warten geduldig, bis sie dran sind. Beobachten ein bisschen, bevor sie sich nähern. Manche schubsen die anderen aber auch mal weg. Das finde ich dann nicht so gut. Lasse sie aber gewähren. Sie kümmern sich eh‘ nicht um mich.

Am Anfang waren nur vier oder fünf Besucher da. Inzwischen kann ich schon nicht mehr zählen wie viele es sind. Manchmal denke ich, dass es bestimmt vierzig sind. Aber dreißig sind es auf jeden Fall. Manche wandern auch zu einem ähnlichen Gegenstand in der Nähe ab. Da kommen sie dann eher dran.

Ich stehe also in der Küche und gucke einfach nur. Habe oft eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wasser in der Hand. Die wenigen Minuten Beobachten sind eine sehr willkommene Pause im Alltag.

Ich muss mich allerdings auch jeden Tag um die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit des Gegenstandes kümmern. Sonst sind die Besucher enttäuscht. Das geht natürlich gar nicht. Sie hopsen dann ganz irritiert auf und ab.

Es gibt auch eine Menge Dreck zu beseitigen wegen dieses Gegenstandes. Aber das ist mir egal. Ich habe inzwischen sowieso ganz allgemein ein wesentlich entspannteres Verhältnis zum Dreck entwickelt. Wer alles blitzblank hat, ist mir eher suspekt. Hat diese Person nichts Wichtigeres zu tun? Oder ist Putzen vielleicht das Wichtigste für sie? Herrje! Das tut mir aber leid. Aber jeder wie sie oder er mag. Ich bin bestimmt nicht die Putzpolizei. – Aber ich schweife ab.

Zuerst stand noch etwas anderes unter dem Gegenstand, das hat dann dazu geführt, dass ich öfter sehr großen, schwarzen Besuch hatte. Der hat ausbaldowert, wie er das Ganze zu seinem Vorteil ausnutzen könnte. Das musste ich schnell unterbinden und etwas umräumen. Sonst wäre das nicht lange gut gegangen. Ich sah den  Besucher schon mit meinem Gegenstand verschwinden. Das wäre schade gewesen.

Am Anfang des Sommers hatte ich auch überlegt, den Gegenstand abzuhängen. Aber mich dann doch dagegen entschieden. Er ist einfach zu nützlich. Und macht mir viel zu viel Spaß. Deshalb ist der Futterknödelhalter auch hängengeblieben.

Und so stehe ich oft hinter meinem Küchenfenster und mache das, was mir vor noch nicht allzu langer Zeit viel zu langweilig und viel zu klein vorgekommen wäre: Ich beobachte meine Spatzenkolonie beim Frühstück, Mittagessen, Nachmittagssnack, Abendessen, Dinner. Eigentlich ist den ganzen Tag was los. Wenn nicht so viel Gewusel ist, trauen sich die Meisen auch mal wieder heran. Und es gibt eine einzelne Taube, die herausgefunden hat, wie sie aus dem schwankenden Futterhäuschen, das auch über dem Balkon hängt, ihre Körner bekommen kann. Die große Krähe kommt inzwischen gar nicht mehr vorbei.

Ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll, dass mir solche Kleinigkeiten jetzt Freude bereiten. Denn lenkt das nicht nur davon ab, dass etwas ganz gewaltig faul ist? Lasse ich mich davon nicht nur einlullen“? Und werde selbstzufrieden und träge? Aber vielleicht ist auch einfach nur eine winzige Verschnaufpause in dem ganzen verrückten Ding, das sich Leben nennt? Ich freue mich einfach mal und mache eben danach weiter mit dem Weltverbessern.



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