Tausend und eine Freiheit – Antwort 45

Tausend und eine Freiheit – Antwort 45

Das Gegenteil von Angst ist Freiheit!

Angst ist -neben Scham- der verzerrenste Filter, der sich über die eigene Wahrnehmung und das eigene Denken legen kann. Wenn wir Angst haben, denken wir nur noch gefiltert und sind außerdem auch noch davon überzeugt, dass ALLES, was wir da denken, auch hundertprozentig stimmt. Im schlimmsten Fall handeln wir Menschen dann irrational und die Angst gaukelt uns zu allem Übel auch noch Wohlüberlegtheit und Vernunft vor. Sehr perfide!

Dadurch wird Angst auch zur einer starken Bremse, die die Freiheit im eigenen Verhalten stark einschränkt. Manche Möglichkeiten existieren dann erst gar nicht mehr für uns.

Angst frisst Freiheit

Angst ist ein diffuses, waberndes Gefühl. Sie ist da, wenn es verschwommene, aber sehr real erscheinende Gründe sind, die uns ein dummes, grummeliges Gefühl im Buch geben.

F  False

E  Evidence

A  Appearing

R  Real

(Brittney Carr)

Wenn Angst mein Handeln einschränkt, mir vorgaukelt, dass bestimmte Handlungsweisen, Möglichkeiten oder Perspektiven „irgendwie gefährlich“ sind, schließe ich sie von vornherein aus – oft automatisch und unbewusst! 🙁

Ich prüfe also noch nicht einmal, ob das überhaupt stimmt. So frisst Angst meine Freiheit auf.

Manchmal werden Angt und Furcht auch unterschieden, aber das würde hier jetzt zu weit führen.

Freiheit im Kopf

„Freiheit“ ist für mich erstmal Feiheit im Kopf. Ich kann mir erlauben, zu denken, was eben so gedacht werden will.
Erstmal alles denken lassen, unzensiert und ohne Beurteilung oder gar Verurteilung.
Da habe ich meistens sowieso keine Kontrolle drüber, was da so hochgespült wird im Gedankenstrom.
Hilfreich ist dabei, d
ie eigenen Gedanken mit etwas Abstand zu betrachten.

Dann schaden sie erstmal niemandem.
Noch nicht mal mir selber.

Das stimmt aber nur, wenn ich mir nicht alles glaube.
Manchmal denke ich solchen Blödsinn! Es ist haarsträubend!
Leider fällt mir das nicht in allen Fällen auf.
Das ist dann wirklich ärgerlich. Aber so isses nunmal.
Umgekehrt ist es sogar fast noch ärgerlicher!

Und Blödsinn-denken zulassen zu können, bedeutet auch Freiheit für mich.

Innere Freiheit heisst für mich, dass ALLES erstmal SEIN darf.

Auch die gemeinen, fiesen, superwütenden Gedanken.

Freiheit heisst, keine Angst vor den eigenen Gedanken und Emotionen zu haben.
Alles Denken zulassen, heisst schließlich nicht, dass ich aufgrund dieser Gedanken auch sofort handele.

„Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit.“

Das hat wohl Viktor Frankl gesagt. Und für mich ist dieser Satz einer der befreiendsten überhaupt. Weil er mir eine Wahl eröffnet.Und mich von meinen automatisierten Reaktionen befreit.

Wenn ich es schaffe, in diesem winzigen Moment zwischen einem Impuls von außen oder innen, ganz kurz die „Stop“-Taste zu drücken, habe ich die Chance, mich bewusst und freier für einen Gedanken oder eine Handlung zu entscheiden. Dann hat der Autopilot eine etwas kleinere Chance. Dann kann ich die (Stress-) Reaktionen meines autonomes Nervensystem überprüfen. Manchmal reicht da schon ein Atemzug (OK! Manchmal auch drei oder zehn…) Dann kann ich eine Frage einwerfen.

Zum Beispiel: Stimmt das wirklich, was ich da denke?
Oder: Was wäre jetzt hilfreich?
Oder: Was macht das gerade mit mir?
Oder: Was genau fühle ich im Moment?
Oder: Was ist gerade wirklich los?

Langsamer werden in einer Situation, die aufgeheizt ist oder in der ich mich vielleicht sogar attackiert fühle, ist nicht einfach! Das würde ich nie behaupten. Das ist kein Ratschlag nach dem Motto: Mach das mal einfach! Denn es geht darum, unsere „eingebauten“ und gelernten Reaktionen zu entmachten. Und die sind echt zäh!

Aber es ist mit Übung machbar. Und es lohnt sich. Es geht schliesslich um die eigene Freiheit!

„Freiheit von…“

Die ganze innere Freiheit ist gut und schön, aber ohne Freiheit von Willkür, Unterdrückung oder Schikane geht es gar nicht. Handlungs- und Lebensgestaltungs-Freiheit wird aber auch eingeschränkt, wenn Menschen den Vorurteilen anderer Menschen ausgeliefert sind.

Diese äußere „Freiheit von“ ist notwendig, um so handeln und leben zu können, wie es meinen Werten entspricht.

Ohne innere Freiheit nützt mir das aber auch nicht viel. Dann kann ich die „Freiheit zu…“ trotzdem nicht leben. Denn dann bin ich meinen volatilen Emotionen und Impulsen aufgrund von irgendwelchen uralten Mustern ausgeliefert.

Also brauche ich für ein zufriedenes, erfülltes und erfüllendes Leben beides: Äußere UND Innere Freiheit.
Eine ohne die andere reicht einfach nicht.

Manchmal verwechseln wir allerdings auch das eine mit dem anderen. Dann sind äußere Umstände „schuld“, wenn es eigentlich die inneren Schranken sind, die uns zurückhalten. Genauso kann es passieren, dass wir inneren Umständen die Verantwortung für etwas zuschanzen, das aber äußeren Missständen geschuldet ist.
Oft ist das nicht einfach
auseinander zu dröseln. Aber das ist ein anderer Artikel. 

Schränkt meine Krankheit meine Freiheit ein?

Die Fibromyalgie schränkt ein, was ich TUN kann. Damit setzt die Krankheit mir natürlich Grenzen.

Aber sie schränkt nicht die Sorte Freiheit ein, die ich gerade beschrieben habe. Ich kann immer noch denken, was ich will. Und gleichzeitig schränkt sie mir diese Freiheit doch ein: Weil die ANGST, die die Krankheit auslöst, mein Denken bestimmt und mich in diesem Sinne „unfrei“ macht.  Ich denke noch viel zu viele angstbestimmte Gedanken und verstelle mir dadurch das Finden von kreativen Lösungsmöglichkeiten.

Also gilt es, die Angst vor der „schrecklichen Zukunft“ in den Griff zu bekommen. Und das könnte gelinge, indem ich mir das  „Jetzt“ so angenehm wie möglich mache. Dann hat mein Hirn andere „Basisdaten“ zum Extrapolieren. Das sind dann die „Beweise“, dass doch ein gutes Leben möglich ist.

Und ich darf schliesslich auch bemerken, wenn mir das, was ich so vor mich hindenke, doch nicht gut tut, weil sich die Gedanken verhaken oder auf „Dauerschleife“ stehen. Oder weil ich doch wieder Blödsinn denke, den ich mir glaube. Dann kann ich behutsam woanders hindenken. Oder bei mir selber nachfragen, was eigentlich los ist.
Zwischen Reiz und Reaktion … und so…

Außerdem war ich ja noch nie ein grenzenloser Mensch. Grenzen hatte ich auch schon vorher.
Natürlich gibt es Dinge, die mir nicht möglich sind. Jetzt haben sich diese Grenzen verschoben.
Die „Form“ meines Lebens hat sich verändert: Die Grenzen sind jetzt woanders. Wo ich früher problemlos weitergehen konnte, ist jetzt Schluss.

Ich könnte jetzt entweder lamentieren (hab ich gemacht, war blöd und nur eine Weile hilfreich) oder mit dem Kopf durch die Wand wollen (genauso wenig hilfreich) ….das neue Lebensgebiet fühlt sich natürlich erstmal ordentlich eingeschränkt an. Das macht mich wütend und frustriert.

Wenn ich aber in eine andere Richtung laufe, kann ich immer noch jede Menge Unbekanntes und spannendes Terrain entdecken, was vorher für mich nicht zugänglich war. Das es gar nicht gab für mich! Da ich auch schon vorher gar nicht alles kannte, was ich noch können könnte, hat sich auch dieser noch zu erforschende Bereich meines Lebens „nur“ verlagert.

Fühlt sich ungewohnt an. Klar!

Unsicher! Brrrrr. Und wie!

Und sowas von nicht selbstbestimmt! Ego ist sauer!

Das kann ich alles denken… und dann in die andere, neue Richtung losmarschieren!

Wenn ich das hinbekomme, bin ich doch wieder frei!

 

Extra: Die fünf Freiheiten nach Virginia Satir

Virginia Satir war eine US-amerikanische Psychotherapeutin sowie eine der bedeutendsten Familientherapeutinnen.

 



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