Halt dich da raus! – Antwort 46

Halt dich da raus! – Antwort 46

Ich bin keine besonders willige Empfängerin von Ratschlägen. Mir ist es wichtig, dass ich „die Dinge“ selbst herausbekomme. Ob das jetzt heillose Selbstüberschätzung ist oder einfach nur Trotz, ist nicht ganz klar. Im Grunde ist das aber auch egal. Vielleicht ist es ja sogar gesundes Selbstvertrauen?

Deshalb kann ich die Frage nach dem besten Rat, den ich je bekommen habe, auch nicht beantworten.

Ich bekomme so gut wie keine Ratschläge. Erstens frage ich nicht danach und zweitens geben mir die, die so um mich herum sind, keine. Oder keine mehr – von wegen gebranntes Kind und so. Auch das weiß ich nicht. Wer fragt bei sowas schon gerne genauer nach? Mir schwant, dass ich nicht sehr gnädig mit ungebetenen Ratschlägen oder gut-gemeintem Rat umgehe. Vielleicht wende ich auch zu offensichtlich den Kniff der „konsequenzlosen Zustimmung“ an: Nicken, lächeln und komplett ignorieren.

Niemand kennt meine Probleme so gut wie ich

Wer mit helfen möchte steht also erstmal auf etwas verlorenem Posten. Kommt jedenfalls nicht mit ein paar Sätzen wieder aus der Nummer raus. Und mit den Standardlösungen gebe ich mich natürlich auch nicht zufrieden. Meine Probleme sind schon sehr speziell. Es sind schließlich meine Probleme. Die sind mindestens so komplex wie meine Persönlichkeit! Gell? Ich gebe mich doch nicht mit einem 08/15-Ratschlag zufrieden.

Und ich glaube, dass das niemand tun sollte.

Ich finde, niemand sollte Ratschläge bekommen. Oder Ratschläge geben.

Noch nicht mal auf Nachfrage. Denn selbst wenn es für den Ratgeber schon einmal genauso funktioniert hat, heißt das noch lange nicht, dass es für den Empfänger auch so klappt.

In der Beurteilung, was ein Problem für uns gelöst hat, können wir aufgrund von diversen kognitiven Wahrnehmungsverzerrungen nie 100% sicher sein, dass wir auch wirklich die richtigen Ursachen identifiziert haben. Meistens überschätzen wir zum Beispiel den Einfluss, den unser eigenes Verhalten auf eine Situation hatte völlig. Ernüchtern, aber trotzdem wahr.

Dazu kommt, dass die Identifikation mit einer Lösung oder einem bestimmten Verhalten viel größer ist, wenn wir selbst die Idee hatten. Dann klappt die Umsetzung auch gleich besser. Wir stehen viel mehr hinter einer eigenen Idee als hinter der einer anderen Person.

An Ratschlägen ist natürlich praktisch, dass wir, wenn etwas schief geht, immer sagen können, dass es eben gar nicht unsere Idee war. Ein wenig Verantwortung ist man also schon mal gleich los.

Inspiration und Anstupser habe ich schon richtig viel bekommen

Was ich stattdessen mag und schon tonnenweise bekommen habe, sind

  • Gute Fragen, die mir geholfen haben, einen Sachverhalt auseinander zu nehmen oder aus einer anderen Perspektive zu sehen.
  • Ideen, wie etwas gemacht werden kann. Das können super-gerne auch eigene Erfahrungen sein. Da konnte ich mir rauspicken, was sich für mich passend und gut anfühlte.
  • Ermutigungen, was ich denn noch alles können könnte. Und dass es sich lohnen könnte, etwas auszuprobieren.
  • Feedback am besten (und am unangenehmsten), wenn es sich um das Entdecken von meinen „blinden Flecken“ drehte.
  • Provokationen – das klingt erstmal seltsam, hat aber mit einer von mir sehr favorisierten Coaching-Methode zu tun: Dem provokativen Ansatz. Kaum etwas kann bei mir mehr bewegen als eine gezielt gesetzte Provokation.
    (Bei Gelegenheit mehr dazu an anderer Stelle.)

Das alles ist sowohl in persönlichen Gesprächen oder Coachings aufgetaucht. Und auch in Büchern, Artikeln oder Blogposts. Und ich bin allen, die mir Input geliefert haben, unendlich dankbar. Denn natürlich stecke ich manchmal fest und brauche etwas anderes als das, was ich schon kenne oder immer schon gedacht habe.

Wenn ich darüber nachdenke, haben mich genau diese Schubser an den entscheidenden Stellen dahin gebracht, wo ich heute bin: Selbständig, Coach, Trainerin und Autorin.

Das ist die berufliche Seite, es gibt dann natürlich noch die private als Ehepartnerin, Freundin und Schwester. Und auch da bin ich sehr froh, dass ich nicht nur im eigenen Saft vor mich hingeschmort habe, sondern von schlauen Leuten auf für mich neue Ideen gebracht wurde. (Alles meine eigenen, selbst ausgedachten! Natürlich! 😉)

 



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