Wie gut das ich das habe – Teil 2 – Mein Smartphone

Wie gut das ich das habe – Teil 2 – Mein Smartphone

Mein Smartphone ist smarter als ich. So weit kommt’s noch!
Mein Messer ist schließlich auch nicht schärfer als ich. In meinem Haushalt gehören die Superlative ausschließlich mir. Am smartesten bin also nur ich.

Gerade höre ich es kichern in seiner rote Hülle.
„Jaja, glaub‘ du das nur. Am Ende verführe ich dich doch wieder. Bringe dich dazu, den Herzchen auf Instagram nachzujagen.“

Nein! Tust du nicht.

Ich habe mir maximale Zeiten mit dir verordnet, die meisten Benachrichtigungen auf stumm geschaltet. Das ärgert dich zwar oft so sehr, dass du mir bei irgendwelchen Updates doch wieder etwas anschaltest und mich ein „Ping“ aus meinen besten Gedanken reißt, aber ich schalte es dir immer wieder ab.

Du weißt natürlich, dass du das Ding bist, das mich mit einem unendlichen Strom an Gedanken, Ideen und Bildern versorgt. Dem Stoff, dem Neugier-Befallene wie ich viel zu oft erliegen.

Ich könnte vielleicht noch etwas besser denken, auf noch tollere Ideen kommen, wenn ich nur ein einziges Mal noch …

Ab zehn Uhr abends wirst du schwarz-weiß. Dann ist die bunte Welt abgeschaltet und gleich nicht mehr so interessant.

Im Grunde bist du ein Werkzeug. Aber eben ein Werkzeug wie ein Messer. Ich kann ein wunderbares Essen damit zubereiten oder ein Blutbad anrichten. Das Messer hat keinen eigenen Willen. Bei meinem Smartphone bin ich da nicht so sicher.

Ich lasse dich oft im Büro liegen oder vergesse dich zuhause. Vielleicht will ich dir deine Grenzen aufzeigen. Ich muss dich schon mitnehmen, damit du deine Macht ausspielen kannst. Manchmal lasse ich dich sogar mit Absicht fast verhungern, enthalte dir den dringend benötigten Ladevorgang. Du sollst wissen, dass du auch umgekehrt von mir abhängst.

Aber wem mache ich etwas vor? Der Kick der kleinen roten Punkte – „Hey, Claudia, du bist wichtig, du hast Nachrichten!“ erwischt mich an manchen Tagen eben doch.

Es ist wie bei allen Süchten:

Geht es mir gut, geht das alles nicht so an mich, dann ist der Kick aus dem Kästchen nicht so wichtig. Da bin ich nicht viel anders als die Ratte.

Gibst du der Ratte ein Rattenparadies mit Auslauf, Freunden, genug gutem Futter und Gelegenheit zum Sex lässt sie den Wasserspender mit dem Stoff links liegen. Setzt du die Ratte alleine in den Käfig mit Wasser und dem anderen Zeug bringt sie sich früher oder später mit dem Suchtstoff um.*

Die beste Art, meine Ich-Maschine (den Ausdruck habe ich von Joshua Ferris geklaut) in die Schranken zu verweisen, ist also, ein richtig gutes Leben zu führen.

Also alles ganz einfach.

 

 

*Das Beispiel mit den Ratten stimmt übrigens wirklich. Den TED-Talk dazu gibt es hier.

Das Video mit deutschen Untertiteln gibt es auf der TED-Seite. Hier klicken.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.