Wie ein fleißiges Tierchen leichter NEIN sagen kann – Mittwochsblog

Wie ein fleißiges Tierchen leichter NEIN sagen kann – Mittwochsblog

Ich mag diese Tierchen – die Biene, die Bärin, die Schwänin, das Kaninchen und natürlich auch das Huhn. Sie sind alle liebenswert und ihre Stärken tragen dazu bei, dass alle möglichen Sorten von Aufgaben erledigt werden. Sie haben ihre Spezialitäten, in denen sie richtig gut sind.

Denn eins ist klar: Innere Antreiber zu haben ist großartig. Schließlich bringen sie uns dazu, etwas zu tun. Und wenn ich mir die fünf „klassischen“ anschaue, stehen sie ja auch für tolle Qualitäten

Die Biene – Ich kann mich anstrengen!

Bienen ist keine Anstrengung zu viel. Sie sind prima darin, schwierige Projekt in Gang zu bringen oder die berühmte „extra-mile“ zu gehen. Manchmal sind sie es, die ein Vorhaben retten, weil sie sich nochmal so richtig reinknien. Bienen schwirren los und machen, auch wenn es gerade erst mit etwas losgeht. Sie scheuen vor Anstrengung nicht zurück. Ich finde, dass Bienen dafür Anerkennung verdienen und kein mitleidiges „Wie kannst du nur so blöd sein!“. Und es ist auch ein tolles Gefühl zu wissen, dass der eigene, große Einsatz wirklich einen Unterschied macht.

Die Bärin – Ich kann stark sein!

Es ist großartig, dass es Menschen gibt, die auch für andere stark sein können, wenn es darauf ankommt. Die in Krisensituation Ruhe bewahren und das tun, was eben ansteht. Das Feuer löschen oder den Gangster mit der Waffe stoppen. Bären können unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen durchziehen. Auch das ist eine wertvolle Fähigkeit. Stärke kann auch etwas mit Zuverlässigkeit zu tun haben. Da gibt es eben keine großen Schwankungen der Tagesform. Sich auf solche Kolleginnen verlassen zu können ist beruhigend. Darauf kann eine Bärin auch richtig stolz sein.

Die Schwänin – Ich kann etwas perfekt!

Oh, wie gut, wenn eine Schwänin meine Ärztin, meine Tischlerin, meine Apothekerin oder meine Pilotin ist! Ihr kann ich, ohne zu zögern, mein Leben anvertrauen. Sie arbeitet genau und effektiv. Ihre Planungsfähigkeiten sind legendär. Ihr entgeht kein Fehler und wenn sie einen gefunden hat, wird sie ihn auch ausmerzen. Ihr Blick für Details ist unübertroffen. Ihre Anforderungen lassen andere über sich selbst hinauswachsen.

Das Huhn – Ich verhalte mich freundlich und fair!

Das Huhn weiß immer, wie es allen gerade so geht und warum. Sie hält die Truppe zusammen, bringt Kuchen für die Süßschnäbel und Salzcracker für die anderen mit. Sie erkennt intuitiv das Grummeln unter der Oberfläche und versucht, die Lage wieder zu beruhigen. Dem Huhn geht Harmonie über alles. Sie tut auch viel für ein gutes Miteinander. Solange ihr Grüppchen gut zusammenhält, kann man schließlich alles schaffen. Das Huhn ist die geborene Teamplayerin.

Das Kaninchen – Ich kann schnell handeln!

Wenn doch alle alles nur so schnell kapieren würden, wie das Kaninchen. Es schafft es, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten und im Blick zu behalten. Wenn man wissen will, welches der kürzeste Weg, die schnellste Variante ist, eine Aufgabe zu erledigen, ist das Kaninchen die richtige Adresse. Kurz vor einer Deadline ist es gut, wenn ein Kaninchen anwesend ist.

Blöd wird es, wenn die Antreiber zu Despoten werden

Wenn die Antreiber sich verselbständigen und anfangen, eine absolute Gültigkeit zu beanspruchen, werden sie zu Despoten, die dir schaden können.

Du bist nur OK, liebenswert, ein wertvoller Mensch,

  • wenn du dich immer anstrengst.
  • wenn du immer stark bist.
  • wenn du immer perfekt/ ohne Fehler bist.
  • wenn du es immer allen recht machst.
  • Wenn du dich immer beeilst.

Also darfst du dir nie erlauben,

  • dich zu erholen,
  • dir Hilfe zu holen,
  • Fehler zu machen,
  • etwas nicht zu tun,
  • jemandem eine Bitte abzuschlagen,
  • langsam zu machen.

Und das ist die allerbeste Methode, dich selbst zu erschöpfen.  

Die Qualitäten jeder dieser Verhaltensweisen schlagen dann ins Negative um und legen manchmal sogar dein bevorzugtes Verhalten bei Stress fest. Dann ist dir nur noch diese Art und Weise zu handeln möglich. Und es ist nicht in jeder Situation die beste Lösung perfekt, schnell, gefällig, stark oder angestrengt zu sein.

Was also tun?

Sich die Erkenntnis des bunten Zebras zu eigen machen

„Früher habe ich gedacht, es sei egoistisch, meine Erholungszeit superwichtig zu nehmen. Dabei stimmt das Gegenteil. – Die Menschen, die ich liebe und die Arbeit, die mir wichtig ist, verdienen es, dass ich in meiner besten Form für sie da bin. Nicht erschöpft, genervt und übellaunig.“[1]

Und dann kann jedes Tierchen noch etwas Spezielles tun

Nämlich sich zusätzlich genau das zu erlauben, was dem angetriebenen Verhalten entgegensteht. Als harmonisierenden Ausgleich sozusagen und um ein Gegengewicht zur bevorzugten Handlungsweise zu schaffen. Durch diesen stetigen Wechsel entsteht Ausgeglichenheit und Balance zwischen den Kräften. Kein Antreiber gewinnt Überhand, die jeweiligen Nachteile werden sich nicht mehr so stark zeigen.

Das Bienchen – kann sich zusätzlich erlauben, sich ausruhen.

Die Bärin – kann sich zusätzlich erlauben, Hilfe zu holen.

Die Schwänin – kann sich zusätzlich erlauben, Fehler zu machen.

Das Huhn – kann sich zusätzlich erlauben, eigene Bedürfnisse wichtig zu nehmen.

Das Kaninchen – kann sich zusätzlich erlauben, Pausen zu machen.

Es geht also nicht drum, das eigene Tierchen-Verhalten „auszumerzen“, denn das würde ja auch die Vorteile und Stärken schwächen. Das kann ja niemand wollen.
Es geht vielmehr darum, dass du eine größere Flexibilität bei deinen Reaktionen und Handlungen hast. – Und vor allem eine Option mehr zum Nein sagen. 

Die Menagerie in uns

Alle Antreiber sind in jeweils unterschiedlichem Ausmaß bei uns allen vorhanden – und wahrscheinlich noch weitere mehr. Wir sind ein Mosaik aus ein bisschen Bienchen, Schwänin, Kaninchen, Huhn oder Bärin.

Manchmal bestimmt auch noch die Rolle, in der wir uns gerade befinden, welches Tierchen gerade die Oberhand hat. Vielleicht bin ich als Teammitglied im Job mehr Huhn, zuhause mehr Bärin und bei der ehrenamtlichen Arbeit ganz Biene.

Deshalb können auch mehrere unterschiedliche Strategien notwendig sein, wenn es darum geht, besser NEIN sagen zu können.

Und je nachdem wie sehr dir diese Verhaltensweisen in deinem Leben weitergeholfen haben, kann es mehr oder weniger schwierig sein, dir die entlastenden Erlaubnisse zu geben.

Wenn es in deiner Ursprungsfamilie beispielsweise verpönt war, sich Hilfe zu holen oder es immer Ärger gab, wenn eine schlechtere Note als 2+ unter der Klausur stand, kann es höhere innere Widerstände geben und damit schwieriger sein, sich genau dieses Verhalten zu erlauben.

Hinschauen und dann: Üben!

Zu erkennen, welches Tierchen bei dir gerne die Oberhand gewinnt und zu analysieren, wo eine Veränderung gut tun würde und was die bewirken soll, sind die ersten Schritte.

Dann kommen die Schritte, die immer kommen:

  • ausprobieren von etwas Neuem
  • auswerten, was passiert ist
  • anpassen, was noch nicht gut passt

… und das geht immer wieder im Kreis herum. 😊

Entweder bis dir schwindlig wird oder das Nein sagen zur lieben, selbstfreundlichen Gewohnheit geworden ist.

 

Und in der nächsten Woche geht es um die Hindernisse, die einen mir nichts dir nichts aus diesem Kreis raus werfen können.

[1] Frei übersetzt aus „Burnout – solve your stress cycle“ von Emilia & Amalia Nagoski, Vermillion, 2020, p.183



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