Was „Nein sagen“ leichter machen kann – Mittwochsblog

Was „Nein sagen“ leichter machen kann – Mittwochsblog

Diese Faktoren sind alle für einen anderen Aspekt des Nein-Sagens wichtig.

In diesem Blogbeitrag beschreibe ich, wie wichtig Emotionen als Signalgeber sind, welche Schwierigkeiten ich damit habe und wie ich lerne, besser damit umzugehen. 

Guter Zugang zu Emotionen, die mir meine Grenzen zeigen.

Nein zu sagen ist leicht, wenn ich die Wut im Bauch spüre oder wenn sich mir vor Ekel die Mundschleimhaut zusammenzieht.

Das ist dann allerdings schon eine verflixt hohe Eskalationsstufe. Durch die Intensität der Gefühle kommt dann auch noch eine scheinbare Dringlichkeit dazu, die mich eventuell heftiger ablehnen lässt, als mir das im Nachhinein lieb gewesen wäre. Intensive Gefühle tun außerdem immer so, als ob sie auf jeden Fall wahr wären – sie sind ja so groooß!

Solche Gefühle stressen mich und Stress schaltet dann blöderweise auch noch einen Teil meiner Kommunikationsfähigkeiten ab. Manchmal sogar noch die Freundlichkeit gleich mit. Dann ist mein „NEIN“ zwar super-effektiv. Dafür dauert das Beziehung-Aufräumen unter Umständen wieder länger. Blödes Dilemma!

Wenn ich dagegen dichter an meinen „leiseren“ Gefühlsregungen dran bin, kann ich das Problem vielleicht sogar noch lösen, solange es klein ist. Das war einer der Leitsätze aus meiner Trainerausbildung: „Löse Probleme, solange sie klein sind!“ Das bezog sich zwar auf Spannungen im Trainingsraum, aber ich finde das auch sonst irgendwie zwingend logisch.

Im Workshop kann ich da auch gut. Das hat wahrscheinlich mit meiner Rolle zu tun: Im Workshop bin ich „Herrin im Ring“, da habe ich kein Problem damit, nachzuhaken und schnell zu klären. Komischerweise scheue ich im „normalen“ Leben oft davor zurück. [Das finde ich immer wieder spannend, wie unterschiedlich wir Ressourcen nutzen könne, je nach Rollenverständnis… aber ich schweife ab… }] Im „normalen“ Leben will ich eben nicht „anstrengend“ sein oder mir den Vorwurf gefallen lassen müssen, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Dann erscheine ich zwar nach außen nett und freundlich, koche aber innerlich, wenn mir der Heideck* im Meeting das zwanzigste Mal ins Word fällt. Beim ersten oder dritten Mal ein freundliches „Herr Heideck, ich war noch nicht fertig. Mein Punkt ist noch…“ hätte vielleicht die pochende Stirnader bei mir vermieden und sie stattdessen dem werten Herrn ins Gesicht gezaubert.

Den Satz kann ich natürlich auch noch beim zwanzigsten Mal sagen, aber da wäre ich mir nicht so sicher, ob das Adjektiv „freundlich“ dann noch hundertprozentig passend wäre.

Einbruchssicherung

Ich stelle mir diese Gefühlseskalation wie eine mehrstufige Einbruchsicherung vor: Ganz außen kurz vor der Grundstücksgrenze sind die ersten Bewegungsmelder: Leichte Irritation ist zu spüren. wenn dort das Licht angeht. Da kommt jemand und er/ sie kommt nicht am Haupteingang an! Ich werde schon mal aufmerksam. Und je nach dem, was los ist, kann ich schon STOP sagen. Wenn da Panzer stehen, werde ich die nicht mit einem freundlichen „Bitte nicht!“ abhalten können. Frühwarnsysteme sind sooo wichtig!

Als nächstes gibt es vielleicht Bodensensoren, die einen akustischen Alarm auslösen, langsam stellen sich meine Nackenhaare auf. Jetzt wird es wirklich ärgerlich. – Was zum Teufel ist da los? – Und wieder habe ich die Gelegenheit zum STOP sagen.

Vielleicht war ich nicht deutlich genug oder der Eindringling ist unverschämter und rücksichtsloser als ich dachte: Jetzt steht jemand in Sichtweite am Zaun meiner Blumenrabatte. Wer jetzt weitermarschiert und drüber trampelt, braucht sich über meine Wut und eine entsprechende Reaktion weder wundern noch beschweren: Es gab mehrere Vorwarnungen.

STRESS-ALARM

Jetzt kann es natürlich auch passieren, dass auf der anderen Seite auch Alarmstufe ROT oder NOTFALL herrscht. Das macht unempfindlich gegen Aufhalteversuche und rasend schnell beim Vorpreschen auf eigentlich gesichertem Gelände. Da hat jemand einen Tunnelblick und brettert über etwaige Sensoren oder Zäune einfach hinweg.

Das kenne ich jedenfalls von mir selber und in diesem Oweia-Oweia-Oweia-Modus brauche ich unbedingt ein möglichst gechilltes Gegenüber. Das erstmal gelassen ein bisschen abwarten kann, bis der Dampf, den ich schnaubend ausgestoßen habe, sich ein wenig verzogen hat. Ich glaube in solchen Momenten übrigens WIRKLICH, dass die Welt untergehen wird, wenn nicht…

Den inneren Yoda aktivieren

Weil ich das bei mir inzwischen zähneknirschend erkannt habe, versuche ich solche „Angriffe“ nicht so persönlich zu nehmen. Damit ich das schaffe, muss ich meinen inneren Yoda aktivieren.

„Nicht aufregen du dich sollst!“

Mit dem aktivierten inneren Yoda fällt es mir dann leichter, den Dampf erstmal verziehen zu lassen und genauer zu merken, was mich eigentlich ärgert: Ist es, weil das Anliegen hektisch zwischen Tür und Angel vorgetragen wurde? Fühle ich mich überfahren oder überfordert? Stecke ich in einem Dilemma zwischen Helfen-wollen und keine Ressourcen übrig haben? Oder nervt mich die Heldmann* mal wieder mit ihrem ewigen Drama? Spüre ich Widerwillen, Ungeduld, Verärgerung oder sogar Wut? Das sind dann prima Wegweiser, die an meinen persönlichen Grenzen stehen.  

Wenn ich genauer wahrnehme, was ich spüre, kann ich auch viel genauer reagieren, weil ich weiß, was mein Bedürfnis oder Ziel in der Situation ist. Außerdem verschafft mir das Zeit und damit reagiere ich nicht mehr so impulsiv, sondern überlegter und gelassener.  

Also im Idealfall … ich bin noch kein Jedi-Ritter … eher ein Padawan.  

Es ist übrigens auch völlig OK, „nein“ zu etwas zu sagen, vor dem du Angst hast.

Ich habe lange gedacht, dass das Wichtigste ist, permanent meine eigenen Grenzen zu erweitern. „In der Komfortzone“ bleiben ging gar nicht. Als Coach muss ich da ja auch mit leuchtendem Beispiel vorangehen, nicht wahr? „Walk your talk“ und so. Ich glaube, da gab es ein Missverständnis.

Denn niemand muss permanent oder impulsiv und unreflektiert über die eigenen Grenzen gehen, ohne die eigenen Ressourcen im Blick zu behalten, bloß weil jemand „Courage“ einfordert.

Ja, es ist toll, couragiert zu handeln und eine Gemeinschaft braucht immer Menschen, die das tun.
Nicht umsonst ist mein Motto in diesem Jahr: Curiosity, Courage, Change. 😉

Doch Courage für etwas aufzubringen, kostet Kraft und Energie. Und wenn sowieso schon der Bär tobt im eigenen Leben, muss ich nicht auch noch schlotternd vor Angst auf ein Extra-Abenteuer gehen.

Manchmal hatte ich nicht die Wahl und musste eine sauschwere Situation einfach irgendwie bestehen. Doch bisweilen, wenn ich es mir aussuchen konnte, habe ich meien angst ignoriert und bin ich viel zu weit von der Komfort-Zone weg gesprungen. Gelandet bin ich dann in der Panik-Zone. Nicht schön da.

Kleine Schritte sind zwar nicht so spektakulär, aber viel nachhaltiger. Denn wenn ich beim Springen so viel Angst habe, dass ich die Augen zukneife, habe ich auch nichts davon. Dann kommt nix an vom tollen Erlebnis.

Mir ist das mit einem für mich großen Vortrag so gegangen. – 200 Leute. Rathaussaal. Ich habe es „durchgezogen“ und war danach erstmal vom öffentlich Reden kuriert. Dabei war gar nichts Schlimmes passiert, sondern alles lief soweit gut. Trotzdem wäre es da besser gewesen, freundlich abzulehnen statt mich nach dem Motto „Fake it till you make it!“ zu richten.

Stehe ich eigentlich souverän zu meinen Grenzen?

Aber vielleicht ist das ja auch genau das Problem mit diesen Emotionen, die mir meine Grenzen zeigen: Ich will sie nicht wahrhaben!
Wir sollen sie auch oft nicht wahrhaben: Sei produktiver! Sei effizienter! Sei glücklicher! – Und als Coach muss ich mir da durchaus an die eigene Nase fassen.

Unserem Ego wäre es sowieso viel lieber, dass da keine wären: Kann alles. Jederzeit. Kein Problem.

Vielleicht geht es in Wirklichkeit darum: Bin ich bereit, meine Grenzen wahrzunehmen?
Bin ich bereit, sie zunächst einmal zu akzeptieren?
Stehe ich souverän zu meinen Grenzen?
Oder sind sie mir peinlich?

Wenn das so ist, dann sind abgrenzenden Empfindungen wie Verärgerung, Wut oder Widerwillen natürlich extrem störend und ich schiebe sie weg. Ignoriere sie so lange, bis sie sich mit Macht zu Wort melden. Und dann kracht’s.

Löse das Problem so lange es klein ist. Vielleicht fängt es damit an, zu schauen, wo meine Grenzen überhaupt sind und sie zu akzeptieren. Mich zu akzeptieren, so wie ich gerade bin. Mit Grenzen.

Wahrscheinlich klappt das mit dem freundlichen und rechtzeitigen Hinweisen auf genau diese Grenzen dann auch leichter.  

Das probiere ich ab jetzt mal aus: Habe ja gerade genug Gelegenheit zu üben.



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