Von Verpflichtungen und Träumen – Antwort 18

Von Verpflichtungen und Träumen – Antwort 18

Welche Verpflichtungen halten dich von deinen Träumen ab?

Von der Freiheit, die eigenen Träume zu leben

Das zu tun, von dem ich träume, heißt übersetzt doch eigentlich: Ich tue das, was mich glücklich macht. Ich folge einem Weg, den ich mir für mich als Zufriedenheit stiftend vorgestellt habe. Wenn ich das tue, sind die Verpflichtungen, die ich dadurch eingegangen bin, Teil des großen Ganzen. Dann sind sie keine Barrieren, die meiner Zufriedenheit im Weg stehen. Dann lebe ich das für mich richtige Leben mit all seinen Konsequenzen. Dann ist die Frage hinfällig.

Dann habe ich beispielsweise eine Familie gegründet, weil genau das meiner Vorstellung von einem guten Leben entsprach. Ich wusste vorher, auf was ich mich einlasse und mein Plan ging auf. Wenn das gelingt, ist es ein unwahrscheinlicher Glücksfall. Und ganz wunderbar.

Vielleicht habe ich auch die große Veränderung gewagt, habe Brücken hinter mir abgebrochen und bin meinem Traum gefolgt. Selbst wenn das vielleicht hieß, dass ich mir vorher wichtige Beziehungen aufgeben musste, weil nicht jede*r im alten Umfeld diesen Weg mitgehen konnte oder wollte.  Vielleicht war ich mit Neid, Ängsten und Abwehr konfrontiert durch Menschen, die mir nahestehen. Vielleicht musste ich große Unsicherheit in Kauf nehmen. Die wenigsten großen Träume lassen sich mir nichts dir nichts ohne Risiko verwirklichen. Wenn es dennoch gelingt, ist es wunderbar und es gibt viele Berichte von Menschen, die nichts bereuen. Deren Plan aufging, sich vielleicht sogar noch darüber hinaus entwicklete. Wenn das gelingt, ist das ein großer Glücksfall. Und ganz wunderbar.

Eine Glücksgarantie beim Träume verwirklichen gibt es blöderweise nicht. Denn es kommt eben nicht nur auf die eigene Bereitschaft an, die Komfortzone zu verlassen und sich so richtig ins Zeug zu legen. Es braucht noch mehr und es sind Dinge, die wir nicht vollständig in der Hand haben: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, ausreichende eigene Ressourcen (nicht nur materielle), ein passendes Netzwerk, Chancen bekommen und nicht zuletzt braucht es allzu oft den glücklichen Zufall.

Sollen wir dann einfach alle Träume in den Wind schießen? Natürlich nicht. Denn: Wenn es gelingt, ist es ganz wunderbar! (s.o.)

Muss jeder diesen Weg gehen? Nö.
Das hängt einzig und allein von der der persönlichen Risikoabwägung ab. Und da hat sich niemand reinzuhängen.
Denn:

Nicht alle Träume lassen sich jederzeit erzwingen

Träume können uns zeigen, was in unserem Leben auch noch gelebt werden will. Die Frage ist nur: Wie und wann kann ich das verwirklichen?

Oft kommen solche Träume genau dann, wenn sie so gar nicht zu passen scheinen. Wenn sie eben nicht so ohne weiteres zu verwirklichen sind. Vielleicht aber auch gar nicht verwirklicht werden müssen, sondern nur als Zeichen erscheinen, nochmal genauer nachzusehen, wie es gerade mit den Zufriedenheitsleveln so steht und ob etwas geändert gehört. Es muss oft gar nicht der ganz große Umbruch sein, manchmal reichen kleine Veränderungen schon aus. Dann geht es darum, die Essenz des Traumes in den Alltag zu holen. Vielleicht reicht es schon, einem Chor beizutreten, wenn der Traum brüllt: „Werde Sängerin!“.

 „Lebe deine Träume!“ und all die Geschichten vom großen Auf- und Umbruch lassen uns das vielleicht manchmal vergessen. Ist ja auch nicht so spektakulär zu erzählen.

Eine Warnung vor „falschen“ Träumen

Auch Flucht- oder Ausredeträume genannt. Das sind Träume, die ich vor mir hertrage und bereitwillig vorzeige. Irgendwann mache ich mal … Wenn ich nicht [xxx] machen müsste, würde ich ja …

Diese Träume sind „falsch“, weil sie nicht so viel mit meinem Ich zu tun haben, sondern viel eher mit meinem EGO. Sie klingen gut und lassen mich interessant erscheinen. Ich habe nicht vor, sie jemals zu verwirklichen. Mir fallen immer wieder Ausflüchte ein, warum es nicht geht. (Gerne besagte Verpflichtungen, für die ich mich selbstlos aufopfere.)

Was hätte nicht alles aus mir werden können…!!!

Im besten Falle bekomme ich Aufmerksamkeit von empathischen Zeitgenossen, weil es ja nichts wird mit meinem „Traum“. Wenn es blöd läuft, glaube ich mir das Ganze irgendwann selber und werde kreuzunglücklich ob des gescheiterten Traums.

Manchmal ist die Unterscheidung zwischen echten und falschen Träumen tatsächlich schwierig. Aber sehr, sehr wichtig!

Verpflichtungen einhalten

Wir alle haben eine ganze Liste an Verpflichtungen, die wir eingegangen sind. Manche – hoffentlich die meisten – freiwillig, andere sind uns zugefallen durch Job, Familie, erwachsen sein. Manche hat uns das Schicksal ungefragt vor die Füße geworfen und wir haben sie aufgehoben.

Diese Verpflichtungen zu erfüllen ist wichtig. Andere Menschen verlassen sich darauf, dass wir unsere Aufgaben als Partner*in, Vater, Mutter, Bezugsperson, Freund*in, Angestellte*r, Chef*in erfüllen.

Ich vertraue gerne. Damit das klappt, brauche ich vertrauenswürdige Menschen um mich herum, die ihre diversen „Jobs“ ernst nehmen und nicht allzu unberechenbar sind. Mein Vertrauen sollte im Laufe meines Lebens nicht zu oft erschüttert werden. Denn Vertrauensbrüche verletzen und es ist schwer diese Verletzungen zu heilen. Wenn auch nicht unmöglich.

Dann also Selbstaufopferung?

Selbstaufopferung ist die blödeste Idee von allen. Eine Mutter, die sich selbst völlig aufgibt, um für die Familie da zu sein, ist ein lausiges Vorbild. Frauen wurden viel zu lange auf dieses Bild hin sozialisiert. Gruselig! Für Männer ist es auch nicht viel besser! Nur anders doof.

Liebe hat nichts damit zu tun, sich selbst für andere aufzugeben. Es gibt auch eine Verpflichtung sich selbst gegenüber, das eigene Leben so zu gestalten, dass es ein möglichst zufriedenes wird. Ein Leben in dem man sich entfalten und aufblühen kann mit allem, was da ist. Im besten Falle eines, das man lieben kann. Auf jeden Fall eines, dem man sich freundschaftlich tief verbunden fühlt.

Eine Warnung vor dubiosen Verpflichtungen

Auch Ausrede- oder Schutzschildverpflichtungen genannt. Es gibt Verpflichtungen, die ähnliche Eigenschaften haben wie die „falschen Träume“ oben: Solche, die wir vor uns hertragen wie Trophäen. Mit denen wir anderen und vor allem uns selbst beweisen wollen, wie unersetzlich und wichtig wir sind. Das sind Dinge, die unser EGO einfach nicht loslassen will oder kann. Die so sehr mit dem Bild verwoben sind, das wir von uns haben, dass ein Wegfallen sich wie eine Amputation anfühlen würde.

Was sollen denn die Leute denken!? Das macht man aber so! Ich will das aber so!

Diese Verpflichtungen können auch als Schutzschild vor den befürchteten Risiken unserer Träume dienen.

Ich würde ja, wenn ich nicht andauernd [xxx] müsste…

Das Identifizieren von dubiosen Verpflichtungen ist manchmal mindestens genauso verzwickt wie das Aufspüren von Ausredeträumen. In beiden Fällen hilft schonungslose Ehrlichkeit mit sich selbst.

 (Interessant in diesem Zusammenhang die Bücher „Mental load“ von Patricia Cammarata und „Untamed“ von Glennon Doyle.)

Was tun?

Die persönlich Balance finden: Die individuelle Mischung aus freiwillig eingegangenen Verpflichtungen, irgendwie akzeptierten Aufgaben, hinter denen ich stehen kann und Verwirklichen wenigstens der Essenz der eigenen Träume.

Verpflichtungen fressen im ganz realen Leben Zeit und Kraft.  Manchmal gibt es Lebensphasen, die nicht ganz so traumhaft sind, wie ich es gerne hätte. Das kann an meinen Verpflichtungen liegen oder an ganz etwas anderem.

Inzwischen weiß ich, dass es ganz normal ist, dass mich meine Aufgaben und Verpflichtungen von meinen Träumen abhalten können. Und dass ich mich deswegen nicht verrückt zu machen brauche. Denn entweder kommen neue, veränderte Träume oder die Verpflichtungen verändern sich.

Oder ich verändere mich, passe mich an, um zufrieden sein zu können.

Oder ich verstehe endlich, dass ich sowieso nur JETZT habe und das Beste aus der Sache machen muss. Träume hin oder her.

Fazit

  1. Es ist ein tolles Privileg, die eigenen Träume leben zu können.
  2. Wer Träume aufgibt, ist kein Versager. Nicht alle Träume lassen sich jederzeit erzwingen.
  3. Verpflichtungen gegenüber anderen Menschen einzuhalten ist wichtig.
    Vertrauen sollte im Laufe eines Menschenlebens nicht zu oft erschüttert werden.
  4. Selbstaufopferung ist keine Liebe und in meinen Augen sowieso eine miese Idee.
  5. Es gibt auch eine Verpflichtung mir selbst gegenüber.
  6. Manchmal gibt es keine ideale Entscheidung, sondern die Wahl besteht nur zwischen unterschiedlich teuren Alternativen. Dann helfen die eigenen Werte weiter.
    (Dazu nächste Woche mehr.)

 



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