Bedenkenträgerin sucht Job – 60 Fragen – Antwort 30

Bedenkenträgerin sucht Job – 60 Fragen – Antwort 30

Most things that I worry about, never happen anyway! (Tom Petty)

Die Bedenken, die ich vor zehn Jahren hatte, hätte ich mir wirklich sparen können. Es kam ganz anders. – Nämlich schlimmer!

Ja, ja, ich weiß schon: Man soll sich keine Sorgen machen, weil das meiste davon sowieso nicht passiert. Zwischen den Zeilen lesen die Optimisten dann immer: Siehste! Es kam nämlich besser, als du dir das ausgedacht hast! Oller Pessimist!

Das steht da aber gar nicht! Aus Erfahrung weiß ich, dass die eigenen Sorgen manchmal mit der bösartigen Beliebigkeit des Lebens nicht mithalten können.

Der Punkt ist: Egal, wie es wirklich kommt: Extrem-Grübeln versaut einem immer Lebenszeit. Am blödesten ist das dann, wenn ausnahmsweise einmal nichts Schlimmes passiert.

Die enttäuschende Wahrheit: Meistens bin ich nicht besonders gut darin, meine Zukunft vorauszusagen. Wenn ich mir gruselige Szenarien ausdenke, die sich aus schlechten, aber dafür umso realeren Erfahrungen speisen, habe ich vielleicht das Gefühl, dass ich mich mental bereits auf sie vorbereite.

Damit rede ich mir aber nur Kontrolle über etwas ein, über das ich in Wirklichkeit keine Kontrolle habe.

Und wenn etwas Schlimmeres passiert, hat mich die Grübelei vorher auch vor nichts bewahrt. Wenn etwas Besseres passiert, hat sie mir genauso die Zeit versaut.

In Three Words, I Can Sum Up Everything I’ve Learned About Life:
It Goes On (Robert Frost)

Was ich inzwischen aber weiß ist, dass ich mit allem, was mir das Leben bisher vor die Füße geworfen hat, irgendwie fertig geworden bin. Ich bin noch da, das ist der Beweis dafür. Und das ist gleichzeitig das eigentliche Gegenmittel gegen übermäßiges Grübeln.

Ich sitze in keiner der finsteren Sackgassen mehr, in denen ich mich festgefahren hatte. Ich habe alle die dunklen Nächte, in denen ich dachte, ich könne nicht mehr, überstanden. Nicht elegant und mit einem feinen, weisen Lächeln auf den Lippen. Das nicht. Eher liefen mir mehr als einmal Tränen und Rotz aus allen verfügbaren Gesichtsöffnungen. Ich fühlte mich zerschlagen und tonnenschwer. Ich war weißglühend vor Wut auf die Ungerechtigkeit von ALLEM! Ich war fertig, ausgelaugt und einfach nur noch müde.

Aber das ist jedes einzelne Mal vorübergegangen. Auch wenn ich dachte, dass es DIESES MAL nicht wieder hell werden würde. (Was ich noch jedes Mal irgendwann zwischendurch gedacht habe.)

Und in zehn Jahren?

Im Moment machen mir die trüben Zukunftsaussichten einer kürzlich diagnostizierten, chronischen Schmerzerkrankung zu schaffen. Das Sackgassengefühl ist wieder da. Ich kenne mich nicht aus und weiß nicht weiter. Es gibt wütende Tage und solche mit Rotz und Wasser. Weil ich mir noch nicht vorstellen kann, wie ein gutes Leben mit dieser Krankheit aussehen kann. Natürlich mache ich mir Sorgen und habe Ängste und Bedenken! Alles andere wäre seltsam. Und es gibt Tage, die OK sind und sogar solche, die richtig gut sind.

Es ist soooo  wichtig (UND sauschwer) den fiesen Bedenkenträger und Sorgenmacher im Kopf in die Schranken zu verweisen. Freundlich und mitfühlend STOP zu sagen, wenn Horrorfilme auf der Kopfleinwand aufgeführt werden. Die Ängste wahrzunehmen UND ihnen nicht die totale Kontrolle zu geben. Risiken abschätzen UND realistische Zuversicht bewahren.

Das kommt mir wie ein Drahtseilakt vor, ein neuer, den ich noch nicht besonders gut beherrsche. Ich stürze zwischendurch immer mal wieder ab. Muß mich dann ausruhen und aufregen. Manchmal einen Rotwein oder Whisky trinken. Oder zwei! Wenn ich dann wieder nüchtern bin, klettere ich natürlich abermals hoch und balanciere weiter.

Und was ist 2031?

Ich hoffe, ich werde in zehn Jahren über diese Zeit sagen: 2021 war ganz schön tough, Corona und alles, was damit zusammenhing und die erste Zeit mit der Diagnose. Das war manchmal sehr düster und sehr einsam. Aber es ging weiter. Ich habe es geschafft, mir ein zwar anders als gewünschtes – aber trotzdem befriedigendes – Leben zu basteln und darüber nicht zu verbittern. Ich habe betrauert, was betrauert werden musste. Darauf bin ich stolz. Ich habe irgendwann auch wieder meine Freundschaften intensiver gepflegt. Das ist mir schwer gefallen, weil mir oft eher nach Rückzug war und Wunden lecken. Ich bin froh und dankbar, dass das so geklappt hat und wir wechselseitig immer noch füreinander da sein können.

Jetzt gilt: Daumen drücken, dass ich mit dieser Vorhersage mal richtiger liege…

 

PS: Natürlich gehe ich zur Krebsvorsorge und so!

Und ich habe Versicherungen, die die finanziellen Risiken von diversen Unglücksfällen abfedern.
Es wäre dämlich, komplett sorglos oder völlig fatalistisch durchs Leben zu laufen.
Selbstfürsorge und sich mit Lebensrisiken auseinander setzen ist wichtig! Man darf das nur nicht mit Voraussagen für die reale Zukunft verwechseln.



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